Wenn Sie als deutsches Unternehmen einen Mitarbeiter in Belgien einstellen möchten, werden Sie feststellen, dass in Belgien vieles anders geregelt ist als in Deutschland. Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, haben wir eine Übersicht über die wichtigsten Aspekte zusammengestellt, die Sie bei der Einstellung eines Mitarbeiters in Belgien beachten müssen. |
Im ersten Teil dieser Serie über die Beschäftigung von Personal in Belgien haben wir uns mit den steuerlichen Folgen sowie den sozialrechtlichen Bestimmungen bei der Einstellung eines Arbeitnehmers in Belgien befasst. In diesem zweiten Teil geht es um einige Grundprinzipien des belgischen Arbeitsrechts.
Grundsätzlich können die Parteien das auf ihr Arbeitsverhältnis anwendbare Recht frei wählen. Arbeitet der Arbeitnehmer jedoch gewöhnlich in Belgien, ist unabhängig von der Rechtswahl im Arbeitsvertrag überwiegend belgisches Arbeitsrecht anwendbar. Um Unklarheiten über das anwendbare Recht zu vermeiden, ist es ratsam, im Arbeitsvertrag das Arbeitsrecht des Landes zu wählen, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich arbeitet. In diesem Fall also das belgische Arbeitsrecht.
Hier finden Sie einen Überblick über einige wichtige Grundprinzipien des belgischen Arbeitsrechts.
1. KOLLEKTIVE ARBEITSABKOMMEN (KAA)
Neben den gesetzlichen Bestimmungen des belgischen Arbeitsrechts, die wir in dieser Serie nach und nach behandeln werden, gelten für jeden Arbeitgeber in Belgien auch verschiedene kollektive Arbeitsabkommen (abgekürzt KAA, niederländisch: CAO, französisch: CCT), sowohl auf nationaler als auch auf sektoraler Ebene. Die nationalen kollektive Arbeitsabkommen gelten für alle Unternehmen. Sie sind mit deutschen Tarifverträgen vergleichbar, aber nicht identisch.
Sobald Ihr Unternehmen einen Arbeitnehmer in Belgien beschäftigt, wird Ihr Unternehmen automatisch Mitglied einer paritätischen Kommission (abgekürzt PK, niederländisch: PC, französisch: CP). Welche paritätische Kommission zuständig ist, hängt von den Aktivitäten Ihres Unternehmens in Belgien ab. In jedem Sektor gibt es eine paritätische Kommission, die sich aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zusammensetzt und kollektive Arbeitsabkommen für die Unternehmen abschließt, die in den Zuständigkeitsbereich des Sektors fallen.
Die kollektive Arbeitsabkommen regeln eine Reihe von Arbeitsbedingungen wie Jahresendprämien, Arbeitszeiten usw.
2. ARBEITSZEIT
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt grundsätzlich 38 Stunden. Die paritätische Kommission kann jedoch für jeden Sektor andere Arbeitszeiten festlegen.
Es ist auch möglich, den Arbeitnehmer länger arbeiten zu lassen, z.B. 40 Stunden pro Woche, aber der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf so genannte Arbeitszeitverkürzungstage (abgekürzt AZV-Tage, niederländisch: ADV-dagen, französisch: jours RTT). Arbeitet ein Arbeitnehmer beispielsweise 40 Stunden, während in seinem Sektor die 38-Stunden-Woche gilt, hat er Anspruch auf 12 AZV-Tage pro Jahr. Dies ist vergleichbar mit zusätzlichen Urlaubstagen.
Sonntags- und Nachtarbeit sind grundsätzlich verboten, es gibt jedoch Ausnahmen für Sektoren, in denen Sonntags- oder Nachtarbeit erforderlich ist. Wenn es für Ihre Branche keine Ausnahme gibt, können Sie bei den zuständigen Behörden eine Genehmigung beantragen.
Wichtig ist auch, dass die Arbeitszeitregelungen für bestimmte Arbeitnehmer nicht gelten, z.B. für leitende Angestellte und Außendienstmitarbeiter. Diese Arbeitnehmer können also mehr als 38 Stunden arbeiten, ohne dass sie verpflichtet sind, AZV-Tage zu gestatten oder Überstundenzuschläge zu zahlen.
3. ARBEITSUNFÄHIGKEIT
Wenn ein belgischer Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber grundsätzlich einen Monat lang den normalen Lohn zahlen. Dies wird als garantierter Lohn bezeichnet. Nach diesem Monat fällt das Gehalt unter den Versicherungsschutz der Krankenkasse.
Während der Arbeitsunfähigkeit genießt der Arbeitnehmer zwar keinen Kündigungsschutz, er darf aber nicht wegen seiner Arbeitsunfähigkeit gekündigt werden. Mehr dazu im vierten Teil dieser Serie.
4. SPRACHGEBRAUCH
Alle Sozialdokumente (wie Arbeitsvertrag, Arbeitsvorschriften, Gehaltszettel, usw.), die Arbeitnehmer betreffen, müssen in der richtigen Sprache abgefasst sein, d. h. in Niederländisch, Französisch oder Deutsch, je nachdem, in welchem Sprachgebiet der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
Wenn Ihr Unternehmen keine Niederlassung in Belgien hat, können Sie die Sprache wählen, sofern der Arbeitnehmer sie versteht. Beachten Sie jedoch, dass die belgischen Behörden – z.B. im Rahmen einer Sozialinspektion oder bei der Vorlage von Arbeitsvorschriften – verlangen, dass alle Dokumente, die das Arbeitsverhältnis betreffen, in einer der Landessprachen abgefasst sind.
Für deutsche Arbeitgeber erstellen wir daher in der Regel zweisprachige Arbeitsverträge und Arbeitsvorschriften, z.B. in Deutsch und Niederländisch oder Deutsch und Französisch.
5. KATEGORIEN VON ARBEITNEHMERN IN BELGIEN
Es gibt verschiedene Kategorien von Arbeitnehmern, je nach ihrem Status (Angestellter, Handarbeiter, Handelsvertreter, Student, Zeitarbeiternehmer, Beamter usw.) und ihren spezifischen Aufgaben.
Die wichtigsten Kategorien für Ihr Unternehmen in Belgien sind folgende:
Handarbeiter
Ein Handarbeiter (= blue-collar) ist ein Arbeitnehmer, der hauptsächlich körperliche Arbeit verrichtet. Der Lohn für Handarbeiter wird pro Stunde festgelegt.
Angestellter
Ein Angestellter (= white-collar) ist ein Arbeitnehmer, der hauptsächlich geistige Arbeit verrichtet. Für Angestellte wird ein Monatslohn festgelegt.
Außendienstmitarbeiter
Eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern, die sich gegen Entgelt verpflichten, Kunden zu suchen und zu besuchen, um im Auftrag, für Rechnung und im Namen des Arbeitgebers Geschäfte auszuhandeln und abzuschließen.
Hinweis: Für die Einstufung als Außendienstmitarbeiter ist allein die Tätigkeit des Arbeitnehmers entscheidend, nicht die Bezeichnung im Arbeitsvertrag. Arbeitgeber versuchen häufig, den Status des Außendienstmitarbeiters zu umgehen, indem sie dem Arbeitnehmer eine andere Berufsbezeichnung geben (z.B. Account Manager). Entscheidend ist jedoch die tatsächliche Situation.
Für Außendienstmitarbeiter gelten einige Sonderregelungen, wie z.B. die Nichtanwendbarkeit der Arbeitszeitvorschriften (siehe oben), aber auch der mögliche Anspruch auf eine Ausgleichsabfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (dazu mehr in Teil 4 dieser Serie).
Fragen zum belgischen Arbeitsrecht?
Dieser Überblick über die Grundzüge des belgischen Arbeitsrechts erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sollten Sie daher weitere Fragen zu bestimmten arbeitsrechtlichen Themen haben, können Sie sich gerne an unseren belgischen Fachanwalt für Arbeitsrecht Marco Wirtz wenden. Sie erreichen Herrn Wirtz per E-Mail unter m.wirtz@euregio.law, telefonisch unter +32 11 29 47 01 oder über unser Kontaktformular.